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den park vom haus sentmaring konnte ich meine ganze kindheit über nur von außen sehen: von der hauptverkehrsstraße aus (mein schulweg) sah man in einen park mit teich und riesigen uralten bäumen, einem schmiedeeisernen ungenutzen eingangstor und einer versteckten bunkertür, damals lebten jesuiten in dem architektonisch wenig interessanten backsteingebäude, irgendwann war dort einmal der älteste jesuit der welt im alter von 108 jahren verstorben (das wurde sogar in er faz erwähnt), irgendwann waren die jesuiten wohl ausgestorben dort und irgendwann wurde das alte gebäude einfach abgerissen, inzwischen werden am eingang des parks neubauten mit appartmentwohnungen gebaut, und hinter einem kleinen fußballplatz mit torwand führt jetzt ein kleiner fußpfad in den park, auch das große schwere tor an der weseler straße ist jetzt (weitgehend unbemerkt) unverschlossen und leicht zu öffnen, und ein paar leute führen ihre hunde in dem park aus, der teich ist ganz vertrocknet (als ob es nicht genug geregnet hätte dieses jahr) und an einem kleinem steg zeugt nur noch eine schlammige pfütze und viele schilfpflanzen von dem gewässer, immer noch ein wenig gepflegt wird aber ein kleiner friedhof für die brüder und pater, dort stehen immer noch ein paar frische blumen auf den gräbern und ich würde gerne wissen, wer für die gräber da noch ab und zu vorbeikommt.

Vor ein paar Tagen hat eine persische Frau meine Mutter besucht. Schon am Vortag hatte sie mehrmals bei meiner Familie angeklingelt, aber meine Mutter nicht erreicht, jetzt stand sie endlich in der Küche und versuchte ihr Anliegen zu erklären. Was ziemlich schwierig war, denn sie spricht nur ein paar Wörter Deutsch, und meine Mutter nur ein wenig Farsi.
Sie hatte einen Notizzettel dabei mit einer Internetadresse von Johannes B. Kerner und dem Namen einer ehemaligen persischen Königin - Farah Diba. Sie wollte irgendjemandem schreiben, zu erst dachten wir Johannes B. Kerner (seine Internetadresse stimmte nicht, aber schließlich fanden wir über Google heraus, dass Farah Diba letztens in seiner Schau gewesen war). Schließlich verstanden wir: sie wollte Farah Diba schreiben, und tatsächlich fanden wir auch ihre Website. Wirklich sehenswert, mit vielen Photogalerien (Der Schah mit seiner Frau in Disney World, California, Der Schah mit seiner Frau und ihrem ersten Kind, Der Schah mit seiner Frau während ihrer Krönung) und sogar Links zu Seiten, auf denen z.B. Persepolis in 3-D-Bildern präsentiert wird. (Jocelyn?s Lieblingsbild und der wohl größte Lacher: "Me and my husband holding hands.")
Man konnte der Ex-Schah-Frau auch e-mails schreiben, aber wir konnten die Funktion nicht finden, mit denen man persische Buchstaben schreibt, bzw. mit unserer Tastatur war das nicht möglich, so dass unsere persische Bekannte (sie wollte Farah Diba um Geld bitten, um ihre Eltern aus dem Iran ausfliegen zu lassen) noch mal wieder kommen wird. Dann wird sie einen Brief vorbereitet haben, den wir dann wohl auf Englisch an die "former empress of Persia" (so der Titel der Website) schicken werden.

Eigentlich ließt man ja ungerne Bücher, die Professoren empfehlen, aber in diesem Fall hat es sich gelohnt, und nicht nur weil das Buch zu meiner Magisterarbeit paßt:
Die Akte Romeo, ein Erinnerungsbericht von Timothy Garton Ash.
Wenige Historiker schreiben so geistreich und breitgefächertem Interesse, und dieses Buch ist auch noch spannend, und es handelt von ihm selbst. Zwischen 1979 und 81 lebte Ash in Berlin, teilweise auch in Ostberlin, und war damals noch ein junger Mann (also auch heute immer noch keiner der Historiker der älteren Generation). Was er damals noch nicht wußte, wenn auch ahnte: die Stasi ließ ihn observieren und nannte seine Akte "Romeo". Nach der Wende hat Ash sich in seiner Akte festgelesen, sie mit seinen eigenen Erinnerungen und Tagebucheinträgen verglichen und seine damaligen Spitzel mit der Akte konfrontiert. Daraus ist ein spannendes und ehrliches Buch geworden, und eigentlich kann man sich kaum noch vorstellen, das diese Welt der Spitzel und des kalten Krieges noch gar nicht so lange zurückliegen.

die fußgängerunterführung am hindenburgplatz ist städtebaulich so mißlungen und wurde schon vor dreißig jahren so wenig genutzt, dass joseph beuys einen gipsabdruck eines besonders häßlich ungenutzten winkels unter treppenstufen machte und ihn im landesmuseum während der ersten skulpturausstellung aufstellte, die passage ist nie schöner geworden, abgesehen vom letzten wochenende, als sie für einen schauraum genutzt wurde, und eine rockgruppe in dem tunnel spielte, an den wänden entlang konnte man sich auf sitzbänken ausruhen, die wände selbst waren geschmückt mit großformatigen russischen landschafts- und städtebildern, die akkustik war gut und die gruppe von freitagabend spielte ein spannendes crossover-programm (für dieses wort danke ich michi), es gab bunt eingefärbte brezel, in grün, blau und rot, und an einer bar günstiges bier, und in einem nebenraum, keine ahnung welche funktion er in seiner existenz als unterführungs-nebenraum ausfüllt, wurden am wochenende ein paar bilder ausgestellt.

Vor ein paar Tagen hatte ich mich gerade auf ein kleines Mäuerchen gesetzt, um ein paar der vielleicht schon letzten Sonnenminuten für einen Anruf zu nutzen, als ein Mädchen vorbeilief, mit einer Zigarette in der Hand und einem leisen Lächeln auf dem Gesicht. Sicher wegen des guten Wetters. Sie trug einen Apothekenkittel.
Eine alte, schon gebückt langsam vor sich her laufende Frau kam ihr entgegen, blieb stehen und stutzte.
Aber Mädchen, sagte sie, Mädchen, und stützte sich auf den Ellenbogen der jungen Frau.
Das können Sie doch nicht machen.
Das Mädchen sah etwas verduzt aus.
Sie wissen doch, wie UNGESUND das ist, oder? Und sie streckte ihren Kopf so hoch wie möglich dem Gesicht der Jüngeren entgegen.
Das Mädchen lachte etwas verlegen.
Ja, natürlich, ich weiß, aber das ist leichter gesagt als getan.
Ich würd mich so für Sie freuen, meinte die alte Frau, und langsam humpelte sie weiter.

Die Zahl der Sandstürme ist in der Sahara stark angestiegen. Überweidung, Entwaldung und Besiedlung vergrößern die Erosion. Sie nimmt aber auch zu, weil immer mehr Geländewagen benutzt werden anstelle von Kamelen. Man spricht von "Toyotarisierung" der Sahara, weil die Geländewagen die schützende dünne Kruste aus Flechten, Algen, Lehm und Kies aufbrechen und den Saharasand leichter wegwirbeln lassen. Der Sand wird bis nach Europa, Florida, Grönland und Amazonien getragen und trägt zur Verbreitung von Maul- und Klauenseuche bei. Weil der graue Staub das weiße grönländische Inlandeis bedeckt, wird weniger Sonnenlicht reflektiert, das Eis erwärmt sich, schmilzt und hebt den Meeresspiegel.

Letztens bin ich abends nach einem Fußballspiel im Scott?s View nach Hause gekommen und auf meinem Balkon lag ein wunderschöner weißer glänzender Fußball.
Komisch, dachte ich, kann mich nicht erinnern wer den hier liegengelassen haben könnte, oder ist das ein Geschenk des Himmels? Aber ich war auch ziemlich müde und froh endlich ins Bett zu kommen, und als ich am nächsten Morgen aufwachte, hatte ich den Ball ganz vergessen.
Direkt nach dem Aufstehen klingelte das Telefon, und an der Leitung (eigentlich ist mein Telefon ja schnurlos) war eine aufgeregte Nachbarin. Ist zufällig bei Ihnen gestern auf dem Balkon ein Fußball gelandet? Das war der Lieblingsball meines Sohnes! Er hat ihn aus seinem Ferienlager mitgebracht und er ist handsigniert. Stimmt, dachte ich, bei mir liegt ja ein Ball auf dem Balkon, und beim Hinsehen sah ich auch die knallrote Unterschrift irgendeines Fußballlehrers. Mein Sohn war schon ganz verzweifelt, meinte die Frau noch, und eine Minute später stand sie schon vor der Tür, um den Ball abzuholen.
Jetzt hab ich wieder keinen Fußball mehr, aber dafür hat gestern Leverkusen Real Madrid mit 3:0 geschlagen.

Und hat das jetzt was gebracht?
Sublimieren nennt man den Prozeß, wenn man Frustrationen, Ängste, Depressionen, Verzweiflung oder Aggresionen in ein literarisches Produkt transformiert.
Ich wünsche allen, die nicht mitfliegen konnten, einen trotzdem schönen Sonntag. Ich finde: wir haben uns gut geschlagen. Das Geld ist weg und Jocelyn immer noch nicht hier, aber sie wird kommen, wir werden vorerst in keinem Hurrican sterben, ehrlich waren wir auch,
und das Geld, hmm. Jetzt haben wir halt mal Gelegenheit zu zeigen, dass uns andere Dinge wichtiger sind.
Am schönsten finde ich gerade, dass ich jetzt überhaupt keine Termine hab. Obwohl das auch ein bißchen was beängstigendes hat.

Einmal wird Diane Keaton von ihrem schwer erziehbaren Neffen Leonardo DiCaprio in Florida besucht, und weil sie versucht ihm näher zu kommen, fahren sie mit ihrem Auto eine Ralley auf dem Sandstrand von Daytona Beach. Sie hat Krebs. Und obwohl sie sich bemüht, die Fassung zu bewahren, wird sie in Disney World, Orlando ohnmächtig vor Furcht, weil sie plötzlich, beim Lunch, feststellt, dass irgednwas in ihrem Mund angefangen hat zu bluten.
In welchem Film?

Amerikas Desinteresse an Sportarten, die ansonsten die ganze Welt in Ekstase versetzen ist vielleicht genauso typisch für das Land, wie die Weltmeisterschaften in Sportarten, die nur Amerikaner in Ekstase versetzen und bei denen daher nur Vereine aus den Vereinigten Staaten gegeneinander antreten. (Wenn man sich auf der Hurrican-Special-Website von CNN die zehn schlimmsten Hurricans ever ansehen will, werden nur Hurricans aufgelistet, die die USA verwüstet haben.)
Immerhin wußte Gabrielle, dass die deutschen Fußballdamen Weltmeister geworden sind (mir ist gerade entfallen, wer bei den Olympischen Spielen Gold gewonnen hat). Sie wußte aber auch, dass die Amerikanerinnen natürlich im Halbfinale niemals gegen die deutschen verloren hätten, wenn irgendeine angeblich wichtigste Spielerin nicht verletzt gewesen wäre.

Ernest Hemingway hat auch in Florida eine Zeitlang gelebt, in einem schmucken Kolonialstil-Herrenhaus in Key West. Das Gebäude ist heute eine Gedenkstätte und im Garten (aber auch in dem Museum) lebt jetzt noch ein ganzer Haufen Katzen, der von Hemingways Katze abstammen soll. Besonders spektakulär ist das Museum nicht, der Garten ist sehr schön und üppig, an den Wänden hängen ziemlich geschmacklose Bilder und Postkarten von Wintersportorten im Montafon, und auf Hemingways Ehebett räkeln sich die besagten Katzen. Spektakulär ist nur der Eintrittspreis, "Are you kidding??" fragt ein entvervter Tourist, als er die Höhe erfährt.
Ein Buch gibt es, welches auch auf den Keys spielt (der Name hat mit Schlüsseln übrigens nichts zu tun, sondern kommt von dem spanischen Wort für kleine Inseln, cayos): Haben und Nichthaben, ein spannendes Buch über Hemingways Alter Ego Harry, der entweder in der Hafenbar sitzt (die es heut noch gibt und von Touristen überlaufen ist) oder Waffen oder Menschen nach Kuba zu schmuggeln versucht, was natürlich nur tragisch enden kann.

zum Beispiel mag ich LaVita
WEIL das ja wohl der beste Mädchenname überhaupt ist. Und WEIL ich Menschen mag, bei denen man nicht weiß, welche verrückten Ideen sie als nächstes haben, zum Beispiel Japanisch zu lernen, um nach Tokio zu fliehen, oder endlich mal Schlagzeug zu spielen, oder einfach mal zwei Monate aufhören zu arbeiten, um sich über seine Zukunft klar zu werden. WEIL sie nach dem ersten Hurrican vor vier Wochen so verängstigt gewesen war (sie war alleine zu Hause gewesen, der Strom war plötzlich weg und das Auge des Sturmes viel näher als angekündigt), dass sie beim zweiten Hurrican Jocelyn anrief um ihr zu erzählen, dass sie gerade in der Central Station Manhattan sei, in Florida hätte sie es nicht mehr ausgehalten. Ich glaube, da wartet sie den dritten Hurrican jetzt auch noch ab.

auf dem miami international airport wäre ich heute beinahe zum vierten mal gewesen, beim erstenmal bin ich nachts gelandet und das flugzeug flug eine große kurve über die stadt, ihr im planquadrat angelegtes lichtermeer tauchte plötzlich wie eine vision aus der stundenlangen dunkelheit des atlantiks auf, während das flugzeug zum landegang ansetzte begannen sich langsam die lichtreklamen der fast-food-ketten, der swimmingpool-laternen in den motelhinterhöfen und die palmwipfel abzuzeichnen, ich mußte in miami nur umsteigen, der wartesaal der fluglinie, die nach nicaragua weiterflog, war schlecht gelüftet und die luft stickig, ein unfreundlicher beamter saß hinter einem holztisch und kontrollierte die pässe, ein bißchen war man schon in lateinamerika, beim zweitenmal bin ich tagsüber gelandet und ein älteres französisches ehepaar versuchte mir hinter den stränden und hochhausketten, die diesmal am horizont erschienen, den ort zu zeigen, an dem sie die wintermonate verbrachten, diesmal wurde ich von einem freundlichen beamten kontrolliert, der meinen Pass laß und meinte:You are from MÜNSTER, isn?t that the city with the churchtower and the cages for the anabaptist kings?, am flughafen hat mich mich jocelyn mit ihrer schwester abgeholt, und ich weiß noch wie ich dachte, so nett hatte ich sie gar nicht in erinnerung, das dritte mal bin ich aus miami weggeflogen, zwei wochen später, plötzlich fuhr das auto mit jocelyn und ihrer mutter schon weg, und irgendwie hatte ich gehofft, sie wenigsten noch kurz mal alleine zu sprechen, heute hätte es fast ein viertes mal gegeben, jetzt werde ich erstmal weiter warten müssen.

Vorstellen brauch ich ihn nicht. Wir kennen ihn alle aus dem Fernsehen, Radio, der Website von CNN oder Daniel Fienes Weblog, wo wir seit ein paar Tagen beobachten können, wie Ivan Florida immer näher kommt, aber trotzdem unberechenbar bleibt.
Ivan ist so groß, dass er am selben Tag für Tote und Überschwemmungen in der Dominikanischen Republik und in Venezuela sorgen kann.
Ivan ist schuld daran, dass die Florida Keys zum dritten innerhalb von vier Wochen evakuiert werden, Jocelyn mit ihrer Familie nach Georgia geflohen ist und ich mit meinen Freunden jetzt NICHT im Flieger nach Miami sitze.

Als Trost gibt es heute ein Florida special.
Und wenns niemanden tröstet, hab ich mir wenigstens den Frust von der Seele geschrieben, und Zeit hab ich jetzt ja auch.

 

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