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Zum Beispiel mag ich Kurt
WEIL ich sonst nicht viele lebende Legenden kenne. Und auch keine ehemaligen Boxer. Weil er, als er vor fünfzig Jahren in der DDR im Gefängnis war, fast einen Gefängniswärter verprügelt hätte, der einen sehr alten Mitgefangenen täglich verspottet hat. Und weil er seinen Nichten Strampler selbst genäht hat und für seine Frau kocht, wenn sie krank ist. Zum Beispiel Schweinebraten mit Rosenkohl und Salzkartoffeln. Und weil ich mir noch nicht mal sicher bin, ob er dieses Weblog nicht auch liest. Dann spräche er mich sicherlich bald darauf an:
So, So, du hast also in deinem Weblog über mich geschrieben.
Ich hoffe, du hattest nichts dagegen, Kurt. Es ist wirklich ein Sympathiebeweis.

Am Ostermontag wollte ich am Bankautomaten Geld abheben, und als ich in den menschenleeren Raum mit den Geldautomaten und Kundenserviceselbstbedienungsterminals komme, wäre ich fast über einen gelbmarkierten, auf den Boden geklebten Schriftzug gestolpert:
Bitte Abstand halten!
Einen KLITZEKLEINEN Moment habe ich wirklich gedacht: komisch, wie soll ich denn mit so einem Abstand meine Geheimnummer eingeben??

das foyer der universitätsbibliothek in münster ist so öde wie der eingangsbereich einer bibliothek nur sein kann, man schämt sich fast von einem foyer zu sprechen, eigentlich fühlt man sich eher wie in einem schwimmbad, eine niedrige decke, schäbige kieselsteine an den wänden (wie nennt man so einen wandbelag?), drehkreuze und knallorange schließfächer, die meistens alle besetzt sind, einmal mußte ich nur dringend was erledigen, alle schließfächer waren wieder mal besetzt, und ich hatte sowieso das nötige zwei-euro-stück nicht mit, und weil es schnell gehen mußte, habe ich (das machen eigentlich viele so) meine winterjacke auf der fensterbank liegengelassen, und als ich wiederkam, war sie verschwunden, zusammen mit meinem schlüsselbund, den ich natürlich in der jacke vergessen hatte, und es war anfang dezember und draußen unglaublich kalt, heute dagegen kam ich ins foyer und dachte sofort an frühling, erst dachte ich, dass läge am sonnenschein draußen, und den blühenden obstbäumen, aber dann merkte ich, dass irgendwo vögel zwitscherten, und tatsächlich hatte jemand seine wellensittiche in die bibliothek mitgenommen, und die saßen jetzt zu dritt in einem winzigen Käfig, der in eine aktentasche paßte, und der bibliothekar an der ausleihe mußte auf sie aufpassen, der war allerdings gar nicht so glücklich darüber, ich meine,i ch hab zuhause ja auch wellensittiche, meinte er, aber die sind in einer voliere, und können rumfliegen, und dieser typ hier klemmt seine vögel einfach in diesen winzigen käfig und die können sich nicht mal bewegen, ist doch unmöglich.

heute etwas für Daniel, und etwas übers Radio:
Doktor Murkes gesammeltes Schweigen,
eine Satire von Heinrich Böll.
eigentlich eine SatirenSAMMLUNG, aber ich kann mich sonst nur noch an die Weihnachtsgeschichte erinnern, in der eine alte Oma ihre Familie terrorisiert, wenn nicht täglich Christbaumbescherung ist (aber zum Glück wird sie immer seniler und merkt nicht, das ihre Familie Schauspieler angestellt hat für ihre tägliche Weihnachtsfeier).
In Doktor Murkes gesammeltes Schweigen jedenfalls geht es ums Radio, um jemanden, der Sendungen zusammenschneidet und die Redepausen, das Schweigen also, sammelt, und plötzlich wird ihm das gesammelte Schweigen richtig nützlich.

der bunte vogel in der salzstraße gehört eigentlich zu den kneipen mit einem etwas schlechten ruf, man denkt, dort träfe man nur bwl-studenten späteren semesters, oder altgewordene motorradrocker, und als wir gestern abend zufällig dort landeten, saß neben uns tatsächlich ein sehr aufgedrehter frauenstammtisch mit dem durchschnittsalter zweiundvierzig, aber ich finde, ein paar nette seiten hat der bunte vogel trotzdem, zum beispiel mag ich tukane, und hier hängen überall diese knallbunten popart-vögel, und es gibt immer ein bier der woche, gestern: maisel´s dampfbier, bernsteinfarben, meinte die bedienung, und später kam ein noch-junggeselle in einem hasenkostüm, der in einer kiste steckte, die mit schlagertiteln behängt war, für ein kleines entgelt konnten wir uns einen aussuchen und durften dann seine version von verlieben - verloren, vergessen verzeihen genießen,
und auch etwas neues gibt es jetzt in münsters nachtleben, in dieser stadt ist ja so unglaublich viel los, und vielleicht hilft das ja bei der bewerbung um die kulturhauptstadt: nämlich einen neuen spielplatz an der engelenschanze, mit laufrolle, und - das ist der clou - einem trampolin, in den boden eingelassen, das macht richtig spaß

manchmal höre ich ja auch Radio, und jetzt über die Feiertage war auf einsLive eine interessante Diskussion, hab ich zufällig gehört:
es ging um den Karfreitag, der ist nämlich gesetzlich mehr als ein normaler Feiertag: ein stiller Feiertag, und das bedeutet: Öffentliche Parties sind für 24 Stunden verboten. Das muß bei der einsLive-Hörerschaft einen Schock ausgelöst haben, und selbst die Moderatoren konnten ihr Erstaunen nicht verhehlen: wenn man am nächsten Tag frei hat, und ausschlafen kann, und abends auf keine Party gehen darf - WAS MACHT MAN DENN DANN MIT SEINER GANZEN FREIZEIT??
Als ich gestern in tausend Möbelgeschäften war, weil ich wieder Bücherregale brauchte, ist mir noch was übers Radio aufgefallen: für jede Sorte Möbelgeschäft gibt es auch einen eigenen Sender. In dem Möberdiscounter mit den schweren häßlichen Eichenmöbeln (und der Bratwurstarena vor dem Eingang) zum Beispiel liefen deutsche SyntheziserSchlager von WDR 4, nebenan in dem etwas teureren Yuppie-laden mit dem Küchenstudio, dem Selbstbedienungsrestaurant und den durchgestylten, aber etwas langweiligen couchgarnituren lief gefällige langweilige Achtzigerjahre-musik von WDR 2, und bei Yellow, und wo es sonst noch hippige Möbel gibt, da läuft natürlich einsLive,

was läuft eigentlich bei Ikea?

in den Baumbergen am longinusturm sind wir früher manchmal schlitten gefahren, der longinusturm steht auf der höchsten stelle der baumberge, das sind ungefähr hundertsiebzig meter, und wenn man auf den turm steigt, sieht man ganz im osten die türme von münster, die bettentürme der unikliniken, und ziemlich viele kirchtürme, die auch sonst überall aus dem münsterland ragen, und direkt neben dem longinusturm, einem kleinen aussichtsturm, der keinen zweck zu haben scheint als aussicht zu spenden und platz für ein kleines cafe zu lassen, ein hoher, schlanker funkturm, und ein paar windräder, die es in meiner kindheit aber noch nicht gab, vom longinusturm aus haben wir den immer selben spaziergang gemacht, im winter mit schlitten, erst den berg abwärts durch den buchenwald, dann durch ein kleines tal, in dem ein paar bauernhöfe lagen, und zurück entlang an den weizenfeldern, vor gar nicht langer zeit haben wir den selben gang mal nachts gemacht, mit einer petroleumlampe, und mit freunden aus bayern, die vor ein paar jahren nach havixbeck am fuße der baumberge gezogen sind, coesfeld falsch ausgesprochen haben und erst nach ein paar wochen sehr enttäuscht feststellten, was mit baumberge gemeint war,
diese woche war im reiseteil der ZEIT ein artikel über die baumberge und da stand eine interessante theorie:
"vor millionen von jahren soll das münsterland nämlich ein see voller seeigel gewesen sein, der seltsamerweise in spanien lag. dann schob der teufel an den kontinenten herum und verfrachtete das stück spanien nach westfalen, beweis: man findet auf äckern in coesfeld (kohsfeld! nicht zösfeld, wie durchreisende bayern sagen) versteinerte seeigel an masse",
und dann stand da noch was diffamierendes:
"man steuert dörfer an, deren namen man kaum ohne kichern aussprechen kann: billerbeck, havixbeck; nottuln gar (sprich: noddln oder nddln)"
kann einer das nachvollziehen?

Dies ist eine Warnung davor, sein Geld zu sehr zu lieben.
Weil die Geschichte mancher Leute sehr erschüttert.
Manche lieben ihr Geld so sehr, dass sie jahrzehntelang Tag und Nacht arbeiten, ohne jemals ihre Kinder anders als schlafend zu sehen, nur um ein riesiges Haus zu finanzieren, das leer bleibt oder verkauft werden muss, weil die Kinder längst zu alt sind, noch bei ihren Eltern zu wohnen. Und wenn sie alt geworden sind, sitzen sie verbittert und alleine in einer Wohnung, die ihnen viel zu klein vorkommt und nur alle paar Wochen kommt ein Enkelkind vorbei, und meistens werden solche Menschen zwar lethargisch und ihre Augen stumpf, aber wenn sie beginnen vom Geld zu erzählen, und was sie sich wann für wiewenig Geld gekauft haben, dann beginnen ihre Augen plötzlich fast gefährlich zu glitzern.
Eine andere Person liebte ihr Geld so sehr, und hatte auch eine beträchtliche Menge davon geerbt, dass sie auf keinen Fall Interesse daran hatte, von dem vielen Geld einen Vermögensberater zu bezahlen und deswegen auf die Idee kam, einen staatlichem Betreuer seines Geldes zu beantragen. Die Person brauchte nur ein ärztliches Gutachten über seine psychische Unzulänglichkeit, ein Arzt stellte ein solches Gutachten aus und der Betreuer wurde ihm zugeteilt. Er kostete wesentlich weniger als ein Vermögensberater, war aber ein staatlicher Betreuer, der es gerade wegen der psychischen Unzulänglichkeit (und wegen möglicher Gefährdung der Person oder ihres Vermögens) als notwendig ansah, bei einem Vormundschaftsgericht einen Antrag zu stellen, das Vermögen der Person auch zu verwalten. Und jetzt kommt nächste Woche ein Gutachter vom Gericht, um die Wohnverhältnisse der Person zu beurteilen, und nun hängt es von dem Urteil einer einzigen Person ab, ob das viele Geld, das gespart werden sollte, überhaupt weiter in den Händen der Person bleiben darf. Sie hat sich aus Geiz abhängig gemacht von einem Vormundschaftsgericht.
"Die Geldliebe ist eine Wurzel von schädlichen Dingen aller Arten, und indem einige dieser Liebe nachstrebten haben sie sich selbst mit Schmerzen überall durchbohrt"

zum Beispiel mag ich Cordula
WEIL wenn sie sich um jemanden kümmert, dann richtig, dann nimmt sie auch schon mal die Plüschgorillas der Leute mit nach hause, um auf sie aufzupassen, oder bringt jede Woche eine Kleinigkeit zum Essen mit, oder versucht deren Wohnung mit in Ordnung zu bringen. Und weil sie das alles auch tut, wenn es ihr eigentlich selber gar nicht gut geht. Und weil sie Leuten mit Erkältung den Rat gibt, die am Tag benutzten Socken nachts beim Schlafen um den Hals zu wickeln, doch, doch, sagt sie, das hilft, und nickt energisch mehrmals mit dem Kopf.

 

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