das universum (eine bibliothek)
die pracht des planeten
filmriss
human being
Joern
menschen die ich mag
orte
so lang ist das Leben
soccer
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren

 

orte

in dem kleinen dorf haldern am niederrhein hat sonntag morgens nur der friedhof geöffnet und die alten leute, die mit ihren fahrrädern auf den wenigen straßen unterwegs sind, grüßen jeden, auch unbekannte, selbst die festivalbesucher, die einmal im jahr für ein wochenende in das dorf einfallen und auf einem acker in sichtweite der kirchturmspitze campieren, es ist so heiß, das die luft über den dixieklos zu vibrieren scheint, die überall neben den zelten aufgestellten flaggen hängen schlaff und matt herunter, alles flimmert und man verliert das gefühl für entfernungen, das festivalgelände erscheint unheimlich weit weg, manche haben sofagarnituren um ihre zelte aufgestellt, drum herum ihre bierkästen, aus den autoboxen spielt sich divine comedy schon mal ein für den auftritt am abend mit dem sinfonieorchester, ein junger mann fragt in jedes zelt hinein: bist du mein bruder, ich hab mein zelt verloren, jemand versucht ihn zu trösten und fragt: du hast also ain paar nette mädchen getroffen und jetzt findest du dein zelt nicht mehr? nein, weint der junge mann, eigentlich fand ich vor allem eine richtig nett, aber jetzt weiß ich nicht mehr, wo mein bruder ist, na das wird schon, sagt der andere beruruhigend, komm erst mal mit, dann sehen wir weiter.

hat schon der Daniel in seinem weblog beschrieben
www.mywebwork.de/fiene.tv/
deswegen brauch ich über das Deutsche Historische Museum an dieser Stelle nichts mehr schreiben, und auch eigentlich auch nichts über die schöne Ausstellung "American Portraits". Nur eins noch: die schönste Geschichte, die neben den Fotos erzählt wurde, war von einem Päarchen, das vor den Präsidentenköpfen des Mount Rushmore fotografiert wurde. Ihr Großvater (oder Urgroßvater, wer auch immer) sah George Washington ähnlich und hat deswegen für dessen Kopf Modell gestanden. Immer wen das Päarchen jetzt die Köpfe sehen, fällt ihnen als erstes die Nase ihres Großvaters auf.

nach göttin (betont auf der zweiten silbe und mit einem langen "i") bei brandenburg fahren samstag nur wenige busse der linie d, vom bahnhof in brandenburg läuft man zur bushaltestelle ungefähr zwanzig minuten durch eine graue, leere straße, nur wenige häuser sind neu gestrichen, meistens in mintgrün, rosa, zitronengelb, die wenigen läden stehen überwiegend leer, man wartet auf einer brücke und blickt auf eine schleuse, vor der ein paar kleine motorboote im wasser schlange stehen, der bus fährt eine einspurige straße bis zur endhaltestelle, vorbei an einstöckigen DDR-grauen wohnhäusern, die etwas verloren inmitten der großen, mit gartenzwergen vollgestellten grundstücke stehen, als ich zurück möchte, fährt nur noch um halb sechs ein sammeltaxi, mit mir warten ein paar alte großmütter und ein unfreundlicher älterer herr mit brauner bügelfaltenhose, aber die omas sind nett und fragen, wohin ich möchte und erzählen, wie man am schnellsten zum bahnhof kommt, und ob wir wohl alle in das sammeltaxi passen und sie noch den anschlußzugbus bekommen, schließlich passen wir alle in das taxi, ein kleinbus, der fahrer kippt die rücksitze nach hinten, damit die jüngsten hinten sitzen, und das bin natürlich mit abstand ich, mit den zwei riesigen, in zeitungspapier eingapackten fischen, die man mir geschenkt hat, und den anschlußbus bekommen die netten omas auch noch, der taxifahrer gibt extra etwas mehr gas, um den bus an der haltestelle noch zu überholen.

der coerdemarkt in münster, sonst öde, grau, gemieden, verwandelt sich bei gutem wetter in eine piazza mit mediterranem flair, die sitzbänke in der kleinen fußgängerzone, umgeben von einstöckigen ladenzeilen, sind vollbesetzt mit russischen großmüttern und türkischen großfamilien, alle frauen tragen kopftücher, dicke nackte kinder spielen in dem brunnen, der aus häßlichen schwarzen würfeln zusammengesetzt ist, aus der neueröffneten eisdiele plärrt italienischer popschmalz, mitten auf dem platz führt eine treppe zu dem einzigen zweiten stockwerk in sichtweite, dort hat ein wirtschaftsprüfer sein büro, plötzlich öffnet sich die vergitterte tür und eine elegante frau stolziert langsam die treppenstufen hinunter, wahrscheinlich muß sie aufpassen, dass ihre pumps nicht in der gittertreppe steckenbleiben, ein paar jungs mit mountainbikes begaffen ihren auftritt, sie stolziert über den platz und wird von einem ältlichen glatzkopf im anzug in den arm genommen, die beiden verschwinden neben der vitrine, in der der ortsverein der cdu sich vorstellt, in richtung parkplatz, ein türkischer junge schreit einem mädchen hinterher, sie ignoriert ihn trotzdem, der M., der in einem hochhaus nebenan wohnt, rast mit seinem fahrrad über den platz, mit wehenden haaren, zwei verkäuferinnen haben feierabend und setzen sich zu mir auf die bank, auf englisch schimpfen sie über ihre männer, und eigentlich müßte auch jörn hier irgendwo mit seinen kumpeln rumhängen, wenn er nicht spurlos verschwunden wäre.

die pollerwiesen in köln sind das, was der grünstreifen am dortmund-ems-kanal gern wäre: wiesen bis zum Horizont, ein richtiger, also träge vor sich hin fließender fluß, ausflugsschiffe mit mindestens drei partystockwerken, und im hintergrund die scyline mit dem nachts weiß schimmernden dom, den angestrahlten brückenpylonen und ein paar angehenden wolkenkratzern, auf denen lichtspiele gezeigt werden, auf den weg zu den wiesen kommt man an einer kleinen drehbrücke mit schleusenwärterhäuschen vorbei, direkt davor ankert ein als asylbewerberheim getarntes schiff, das ohne erlaubnis und wer weiß was für papiere zu betreten nicht erlaubt ist, am rheinufer werden bierflaschen im flußwasser gekühlt, ein paar meter weiter grillen ein paar leute paprika, es gibt lagerfeuer, und über die severinbrücke fährt am horizont mit blaulichtern ein löschzug, der zur stadtbeleuchtung zu gehören scheint, jetzt noch mal zurück! bittet jemand, aber ein bißchen später wird sogar noch die dombeleuchtung abgestellt.

der dortmund-ems-kanal in münster muß dafür herhalten, dass es in münster kein meer, keine echten seen und nicht mal einen richtigen fluß gibt, deswegen trifft man sich an seinem ufer und sogar alte leute steigen in das brackige wasser, jüngere springen verbotenermaßen von den brückenbögen oder hängen sich an die vorbeischwimmenden kähne, jetzt haben die ferien angefangen und schon vormittags sitzen junge leute am kanal und hören laut musik, süppeln vor sich hin, manche angeln, am anderen ufer liegt das ausflugsschiff santa monica 3 (www.santamonica3.de), es faßt zteihundert personen, bevorzugt senioren, man hört deutsche schlager herüberdröhnen und dann kommt eine herde alter leute von dem gasthaus an der wolbeckerstraße, vielleicht war dort gerade eine verkaufsschau und steigen beschingt, zumindest teilweise, das traumschiff und ihr beschwipstes gelächter und gejohle beginnt langsam die volksmusik zu überdröhnen.

im westfalenstadion in dortmund, dem angeblich größten fußballstadium europas, ist auch unter der woche und ohne spiele ziemlich viel los, ständig kommen leute aus allen teilen deutschlands, die sich nur mal so das stadium ansehen wollen und froh sind, wenn sie kurz auf eine tribüne dürfen, ein ehepaar hat dauerkarten getauscht und will sichergehen, ob sie mit den neuen plätzen auch zufrieden sein können, sogar eine schulklasse aus amerika auf deutschlandrundreise will das stadium sehen, leute von siemens probieren irgendetwas an der anzeigetafel aus, die abwechselnd tiefblau und neongrün aufleuchtet, ein paar typen vom bvb kontrollieren den rasen, gasleitungen werden neu verlegt und ein biblischer kongress am wochenende vorbereitet, ein betrunkener mit hut, regenschirm und grünem jacket taucht plötzlich im stadion hinter den absperrungen auf und verschwindet in den endlosen sitzreihen der zuschauertribünen, er bleibt unauffindbar, vielleicht hat er sich einfach irgendwo zwíschen die sitzreihen gelegt und ein nickerchen gemacht.

wenn man mit der straßenbahn zum velodrom in berlin fährt, kommt man von der rückseite und sieht erstmal nur eine nichtssagende betonwand mit einem dezenten schriftzug: herzlich willkommen velodrom, man muß eine ganze menge stufen ersteigen und sieht dann oben vor sich nur eine art wildblumenwiese, im hintergrund realsozialische weiße hochhäuser, und plötzlich bemerkt man in einer senke einen riesigen kreisrunden kasten, fensterlos, wie ein gigantisches mühlrad, zufällig im osten berlins gelandet, man läuft ein paar stufen runter, findet einen sehr kleinen eingang, und plötzlich ist man in einer riesigen halle, und zehntausend leute sitzen in dem künstlichen licht und wohnen einer veranstaltung bei, die man draußen nicht mal erahnen konnte, die taz schreibt am nächsten tag von einer veranstaltung in einer erstaunlich ruhigen atmosphäre, und ein bißchen fühlt man sich, als wäre man ins unterirdische zion aus matrix vorgestoßen

in der aula am aasee, eigentlich einem etwas größerem hörsaal, von dem aus man, wenn man günstig sitzt, ins grüne blicken kann, finden manchmal semesterabschlußkonzerte des studentenorchesters statt, weil es in münster ja immer noch keine musikhalle gibt, die konzerte fangen grundsätzlich mit unerträglich langweiligen einführungen des dirigenten an, verschlimmert noch durch seinen wiener akzent und den penetranten versuch, den eindruck zu vermitteln mit allen großen komponisten auf vertrautem fuß zu stehen, wenn es gerade nicht mehr geht, fangen endlich die aufführungen an, gestern waren die bläser etwas schief, aber die solovioline ziemlich gut, und es war sogar ausgesprochen voll, vielleicht weil der eintritt frei war, wir haben ziemlich weit hinten gesessen, so weit hinten, dass man hemmungslos sms schreiben konnte zwischendurch, oder einfach mal rausgehen, wenn man frische luft brauchte, eine grundschulklasse saß vor uns, mit verzweifelten lehrern, die immer wieder aufstanden, mit dem finger auf einen ihrer schüler zeigten, und dann demonstrativ auf den ausgang, schließlich hat eine lehrerin versucht, sich hinter íhre klasse zu setzen, mußte aber feststellen, dass sie jetzt gat nichts mehr sehen konnte, und schließlich blieb sie, und vielleicht hat sie das an vorlesungen in ihrer studentenzeit erinnert, neben ihrer klasse auf den stufen des aufgangs sitzen.

irgendwo auf der a2 zwischen bielefeld und magdeburg wird das radioprogramm noch öder als als die landschaft, man will eigentlich schon längst in berlin sein, und fährt schon seit stunden an überdimensionalen windräder mit roten blinklichtern und an einkaufshallen von möbeldiscountern vorbei, steht zwischen lastwagen aus dem baltikum und mit plastikspielzeug vollgeladenen polnischen kleinwagen im stau, und im radio laufen angeblich die besten hits der achtziger, neunziger mit dem besten von heute, oder internetadressen günstiger gebrauchtwagenhändler werden vorgelesen, schlimmer noch, manchmal vorgesungen, wahre abwechslung wird garantiert, und deswegen zwischen der vorschau auf die hits der nächsten stunde oder den sachsenanhalttag in aschersleben nach groszny geschaltet, oder bagdad, oder kabul, zum aktuellen bombenanschlag, und die wetteransage klingt so ehrlich vergnügt wie eine stimme nur klingen kann, die von regen spricht aber sommer meinen soll.

 

twoday.net AGB

xml version of this page

xml version of this topic

powered by Antville powered by Helma